Die Corona-Pandemie erfordert innovative Lösungen

7 Minuten zum Lesen

Vor über einem Jahr brach in Europa die Corona-Pandemie aus und das tägliche Leben wurde auf den Kopf gestellt. Geschäfte wurden geschlossen, Mundschutz wurde getragen und alle arbeiteten plötzlich im Homeoffice. Aus geschäftlicher Sicht schien sich zunächst wenig zu ändern. Die Arbeit ging weiter, der Betrieb lief weiter und man dachte, dass sich geschäftlich wenig geändert hatte.

Ein Sturm zieht auf

Gartner (im Artikel: "Urgent Need for Insurance CIOs to Stress Test Their Insurance Core Systems") sieht durchaus Veränderungen und rät Versicherern, ihre Geschäftsmodelle und Kern-systeme einem Stresstest zu unterziehen. Innovationen in der Versicherungswelt erfolgen im Allgemeinen nicht sehr schnell, und oft gibt es keinen akuten Bedarf, etwas zu ändern. Die wichtigen Faktoren des Wandels, z.B. ein verändertes Verbraucherverhalten oder technologische Innovationen, treiben die Versicherungswelt voran, allerdings kontinuierlich.

Obwohl sich oberflächlich betrachtet wirtschaftlich wenig zu verändern schien, haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie einen großen Einfluss und erfordern einen Stresstest und Innovationen. Gartner sieht 5 Trends, die durch die Coronapandemie verursacht werden, nämlich:

  1. wirtschaftlicher Abschwung,
  2. größerer Bedarf an Selfservice,
  3. Verschiebung der Distribution,
  4. erhöhter Bedarf an Kosteneinsparungen,
  5. Änderung des Kundenverhaltens (das Auto wird weniger genutzt).

Die oben genannten Trends betreffen sowohl Lebens- als auch Schadenversicherer, wobei einige Trends mehr auf Lebensversicherer (z. B. mögliche Negativzinsen oder schlechte Kapitalanlageergebnisse) und andere mehr auf Schadenversicherer (z. B. weniger Autonutzung mit der Folge von weniger Schäden) zutreffen. Wir können feststellen, dass die Trends 2 bis 5 einen großen Einfluss auf die Schadenversicherer haben. Lassen Sie uns die Sache etwas näher betrachten.

Close up of businessman holding digital globe in palm

Selfservice: Nicht nur Millennials und Gen Z wollen ihre Angelegenheiten online regeln

Seit Jahren sprechen wir in der Versicherungswelt von einem sich ändernden Kundenverhalten. Die These ist, dass vor allem Millennials und Gen Z ihre Versicherungen online abschließen und über die Plattformen, die sie am häufigsten nutzen, Kontakt zu ihrem Versicherer haben wollen. Einen Versicherer anzurufen und zu mailen, galt als eine Angelegenheit vor allem der älteren Generation, aber das gehört der Vergangenheit an. Gerade im Jahr 2020 hat jeder, ob jung oder alt, gemerkt, dass man seine Angelegenheiten prima online erledigen kann. Click & Collect hat sich zu einem neuen Phänomen entwickelt, und Paketzusteller haben aufgrund der massiven Online-Bestellungen ein beispielloses Wachstum erlebt. Und genau dieser Trend bewirkt eine große Veränderung. Denn wenn Sie Ihre Einkäufe oder die Bestellung von Kleidung online erledigen können, warum sollten Sie dann nicht auch Ihre Versicherung online verwalten oder Ihre Schadensfälle von STP bearbeiten lassen?

Für Versicherer stellt sich die Frage, ob ihre Online-Umgebungen ausreichend sind und ob die Prozesse ausreichend automatisiert ist. Traditionelle Systeme bieten zwar einige Online-Lösungen, und es wird einiges automatisiert, aber reicht das aus? Einige Dinge online zu regeln war jahrelang gut genug, aber können traditionelle Systeme mit der Digitalisierung, die gerade jetzt so notwendig ist, umgehen? Laut Gartner ist es jetzt an der Zeit, diese Frage ernsthaft zu beantworten.

Verschiebung der Distribution

Das größere Bedürfnis nach Selfservice, der oben beschriebene Trend, wirkt sich auch direkt auf den Vertrieb im Versicherungsmarkt aus. Der Verbraucher hat sich daran gewöhnt, alles selbst online zu regeln. Auf Märkten und innerhalb von Back-Office-Systemen, die bisher ausschließlich für agenten- oder bankenbasierte Umsatzmodelle genutzt wurden, kann das Direct-to-Consumer-Modell Herausforderungen mit sich bringen.

Die konkrete Herausforderung für einen Versicherer besteht darin, neue Produkte oder Varianten bestehender Produkte für die direkte Kundenansprache zu konfigurieren. Die Fragen, die eine Versicherung stellen sollte, sind: „Erlaubt das aktuelle System eine schnelle Konfiguration neuer Produkte? Sind alle Unternehmensregeln fest vorgegeben oder können Sie diese einfach auf neue Produkte anwenden? Wenn Sie als Versicherer Ihre Produkte über Vermittler anbieten, wie viel Aufwand bedeutet es für Sie, auf Direct-to-Consumer umzusteigen?“

New business model

Bedarf an Kosteneinsparungen

In ganz Europa reagieren die Versicherer auf die sich verschlechternden Wirtschaftsaussichten. Gartner stellt u.a. Einsparungen bei den Personalkosten fest. Dies erfordert von den Versicherern eine effizientere interne Haushaltsführung. Schließlich gibt es weniger Mitarbeiter, die Versicherungen akzeptieren und Ansprüche bearbeiten. Laut Gartner wird der Druck auf die betriebliche Effizienz und damit auf die IT-Leiter und technischen Direktoren steigen, um sich darauf zu konzentrieren. Die Folgen können sein, dass bestehende Workflows, Geschäftsprozesse oder Geschäftsregeln neu gestaltet oder in externe Automatisierungswerkzeuge eingebettet werden müssen. Für IT-Leiter stellt sich die Frage, ob die aktuellen Systeme in der Lage sind, diesen Schritt zu gehen. Ist es noch möglich, die Versicherungsprozesse schnell und zentral in Ihrem Legacy-System zu definieren? Eventuelle Einschränkungen der aktuellen Legacy können durch die Verknüpfung mit neuen Plattformen, die Daten integrieren und frei verfügbar machen, überdeckt werden.

Neue Geschäftsmodelle – Veränderung des Kundenverhaltens

Nutzungsabhängige Versicherungen sind ein Phänomen, das schon vor Jahren aufkam, sich aber nie durchgesetzt hat. Traditionelle Geschäftsmodelle waren ausreichend und der technische Aufbau eines nutzungsbasierten Versicherungsmodells war oft schwierig. Das mittlerweile fast jeder im Homeoffice arbeitet, stellt sich die Frage, ob die traditionellen Geschäftsmodelle für die Gegenwart und Zukunft angemessen sind. Die Beibehaltung der aktuellen Geschäftsmodelle, um endlich eine positive Schaden-Kosten-Quote z. B. für das Kfz-Portfolio zu erreichen, mag eine strategische Entscheidung sein, aber die Frage ist natürlich, wie zukunftssicher dies ist. Das Auto wird wegen der vielen Heimarbeitsplätze weniger genutzt als sonst, daher treten weniger Schäden auf als sonst. Bezahlen nach Verbrauch ist daher viel naheliegender als vor der Coronapandemie. Die Frage, die sich automatisch stellt, ist: „Wie ermöglicht man technisch eine nutzungsabhängige Versicherung?“ Kann das aktuelle Backoffice-System diesen Übergang schaffen oder müssen Sie sich auf eine neue IT-Umgebung einstellen?

Fazit

Die Coronapandemie hat unser gesamtes Leben auf den Kopf gestellt. Während die Folgen zuerst unser Privatleben betrafen, werden sie nun auch im geschäftlichen Bereich zunehmend sichtbar. Die Pandemie hat mehr ausgelöst, als wir ahnen konnten. Die Versicherer müssen sich fragen, ob ihre derzeitige Haushaltsführung, IT-Landschaft und Geschäftsmodelle noch ausreichen. Gartner nennt dies einen Stresstest. Nach einem Jahr Corona können wir sagen, dass diese Pandemie den Bedarf an Innovationen verstärkt hat.